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Vogel des Jahres 2023:

Das Braunkehlchen – Ein Liebhaber extensiver Kulturlandschaft

Das Braunkehlchen – Ein Liebhaber extensiver Kulturlandschaft

Das Braunkehlchen ist ein charismatischer Bewohner unserer Kulturlandschaft, trällert es doch gern von exponierten Warten aus seinen durchaus melodischen, aber mit knirschenden Elementen durchsetzen Gesang.  Insbesondere die Männchen sind während der Gesangsphasen ausdauernd auf ihren Singwarten zu beobachten und somit meist leicht mit Fernglas oder Spektiv zu entdecken. Erst einmal entdeckt, präsentieren sich Braunkehlchen mit einer attraktiven Farbgebung, der namensgebenden braunen Kehle und einer gesunden Portion Sitzfleisch. Da wird jede Beobachtung zum Augenschmaus.

Wer Braunkehlchen zur Brutzeit beobachtet, befindet sich zumeist im Umfeld extensiv bewirtschafteter und reich strukturierter Feuchtwiesen oder Weiden mit einem hohen Bracheanteil – also Vegetation, welche mindestens ein Jahr nicht gemäht wird.  Das ist ein Lebensraum, der heutzutage nur noch selten zu finden ist. Die genannten Aspekte sind sicherlich auch die Gründe, welche dem Braunkehlchen bei der diesjährigen Wahl zum Vogel des Jahres einen deutlichen Vorsprung eingebracht haben. Mit 43,5 % der Stimmen und 25,5 % Vorsprung zum Feldsperling lag das Braunkehlchen deutlich vor den anderen Kandidaten. Bereits 1987 trug das Braunkehlchen diesen Titel, um auf den fortwährenden Verlust der extensiven Feuchtwiesen aufmerksam zu machen.

Auch in Bayern hat das Braunkehlchen mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Brüteten im Jahre 1998 noch 1170 Paare, so ergab die landesweite Wiesenbrüterkartierung 2014/15 einen massiven Rückgang auf 455 Brutpaare (LfU 2015). Die Ergebnisse der aktuellen landesweiten Wiesenbrüterkartierung 2021 sind noch nicht veröffentlicht, jedoch lassen Einzelergebnisse einen erneuten Rückgang erwarten. Diese Rückgänge sind auch bei unseren Braunkehlchen-Populationen zu beobachten, wenngleich in eher abgebremster Geschwindigkeit. Häufigere Mähtermine, Strukturarmut (man denke an die zuvor erwähnten und fürs Braunkehlchen so wichtigen ungemähten Bereiche), ungünstige Wetterbedingungen während der Jungenaufzucht, starker Fraßdruck durch den Fuchs und andere Faktoren machen auch bei dieser Art das Leben schwer.

Übrigens sei an dieser Stelle erwähnt, dass der vielfach angemerkte Aspekt „Wenn die Vögel auf dem Zugweg gefangen werden oder einfach keine Nahrung mehr finden, können wir sie bei uns auch nicht schützen“, zumindest beim Braunkehlchen nicht zutrifft. Studien haben gezeigt, dass die Rückgangsursachen überwiegend in den Brutgebieten zu suchen sind. Aber zurück zum Rückgang des Braunkehlchens im Landkreis Garmisch-Partenkirchen und auch dem Nachbarlandkreis Bad Tölz – Wolfratshausen. Überall wird mit Hochdruck daran gearbeitet, diese Art in unserer Landschaft zu erhalten. Sei es durch direkte Schutzmaßnahmen oder die Erforschung der Rückgangsursachen. Ein Forscherteam des Max-Plank-Instituts für Ornithologie untersucht seit etlichen Jahren, welche Gründe dem fortschreitenden Rückgang der hiesigen Populationen zugrunde liegen. Für eine Teilpopulation stellen beispielsweise die im Zuge des Klimawandels auftretenden Starkregenfälle eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Diese sorgten in den letzten Jahren regelmäßig für einen vollständigen Verlust der Bruten durch Überschwemmungen. Auch der Verlust der Gelege durch den Fuchs konnte regelmäßig beobachtet werden.

Braunkehlchennest Tim korschefsky
Vom Fuchs prädiertes (gefressenes) Braunkehlchennest. Sowohl Eier als auch das Weibchen fielen hier dem Fuchs zum Opfer. Bild: Tim Korschefsky

Zum direkten Schutz der Braunkehlchengelege wurde in den Loisach-Kochelsee-Mooren im Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ein Projekt geschaffen, wie es sicherlich bayernweit seinesgleichen sucht. 20-30 ehrenamtliche HelferInnen beobachten hier Reviere des Braunkehlchens um deren Brutplatz herauszufinden. Ist der Brutplatz bekannt wird in Kooperation mit den Landwirten eine Nestschutzzone markiert, welche dem Landwirt das Mähen der Fläche und dem Braunkehlchen eine erfolgreiche Jungenaufzucht ermöglicht. Im Murnauer Moos arbeiten Landwirte und Naturschutz Hand in Hand, um den Lebensraum des Braunkehlchens zu verbessern und zu vergrößern. In gemähten Streuwiesen verbleiben ungemähte Brachestreifen oder -Inseln, um den Männchen bei ihrer Ankunft Ende April/Anfang Mai ein reichhaltiges Angebot an Sitzwarten zur Verfügung zu stellen.

Murnauer Moos
Im Murnauer Moos wird zusammen mit den Landwirten der Bracheanteil erhöht, um die lokale Population des Braunkehlchens zu stützen. Von dieser Maßnahme profitieren viele weitere Tier- und Pflanzenarten. Viele Landwirte erklären sich auch freiwillig bereit, Brachestreifen auf ihren Flächen zu belassen. Genau so stellt man sich den Schutz unserer Kulturlandschaft vor. Bild: Tim Korschefsky

Da sich der Vogel des Jahres 2023 immer weiter aus der Fläche Bayerns zurückzieht ist es umso wichtiger, die „Braunkehlchen-Hotspots“ zu erhalten und dort einen mehr als bestandserhaltenden Bruterfolg zu ermöglichen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Arten gilt beim Braunkehlchen das Motto „Wenn weg, dann weg!“ und wer möchte sich schon das Murnauer Moos ohne seine Braunkehlchen vorstellen?!

Braunkehlchen Tim korschefsky 1
Männliches Braunkehlchen kurz nach seiner Rückkehr aus dem Überwinterungsquartier. Bild: Tim Korschefsky

Text und Bilder mit freundlicher Genehmigung von:

Tim Korschefsky

Landratsamt Garmisch-Partenkirchen

Untere Naturschutzbehörde | Biologische Station Murnauer Moos

www.murnauermoos.de